Von Manuel Marburger – Keynote Speaker für Leadership
Oder: Wie Sie Ihr Team führen, wenn Sie nicht mal wissen, ob die in Jogginghose vor dem Laptop sitzen...
Erinnern Sie sich noch? Damals, als "Zoom" einfach nur ein cooles Geräusch war und nicht Ihr zweites Wohnzimmer? Als "auf Distanz gehen" noch eine Beziehungskrise bedeutete und nicht Ihre neue Führungsstrategie?
Willkommen in der wundervollen Welt des Distance Leadership, wo die Gespräche in der Kaffeeküche durch stumme Slack Kanäle ersetzt wurden und das einzige Team-Building-Event ist, gemeinsam herauszufinden, wer schon wieder vergessen hat, das Mikro zu entmuten.
Niemand hat uns auf dieses Experiment vorbereitet. Plötzlich mussten Führungskräfte ihre Teams durch Bildschirme führen, motivieren und zusammenhalten, während im Hintergrund der Hund bellte, die Kinder "Homeschooling" machten und der Partner dachte, dass man ja "eh nur zu Hause sitzt".
Führung auf Distanz ist nicht einfach Führung, nur mit mehr Videokonferenzen. Es ist eine komplett andere Disziplin. Es ist, als würde man vom Präsenzunterricht zum Fernstudium wechseln, nur dass niemand Ihnen das Kursbuch gegeben hat.

Die drei größten Irrtümer über Distance Leadership
Irrtum Nr. 1: „Wenn ich sie nicht sehe, arbeiten sie nicht“
Ah, der Klassiker! Die Mikromanagement-Falle in ihrer digitalen Pracht. Newsflash: Nur weil jemand 8 Stunden im Büro sitzt, heißt das nicht, dass er 8 Stunden produktiv ist. (Wir alle kennen den Kollegen, der täglich 2 Stunden auf der Toilette verbracht hat und das lag nicht an der Kantine.)
Die Lösung? Vertrauen und Ergebnisorientierung. Messen Sie nicht die Zeit vor dem Bildschirm, sondern die Resultate. Als ob Sie bei einem Marathonläufer jeden einzelnen Schritt kontrollieren würden, anstatt einfach die Zielzeit zu nehmen. Spoiler: Der Läufer kommt schneller ins Ziel, wenn Sie ihm nicht alle 5 Meter in die Quere kommen.
Irrtum Nr. 2: „Noch ein Meeting wird's richten“
„Lass uns einen Quick Call machen“ sind mittlerweile die gefährlichsten Worte seit „Wir müssen reden“. Plötzlich besteht der Arbeitstag aus Back-to-Back-Meetings, und die eigentliche Arbeit wird auf 22 Uhr verschoben, wenn alle Kinder im Bett sind. Die Wahrheit: Weniger ist mehr. Ein gut strukturiertes Meeting pro Tag ist besser als fünf schlecht geplante. Und manchmal, Achtung, revolutionärer Gedanke, reicht auch eine E-Mail.
Irrtum Nr. 3: „Teambuilding? Machen wir, wenn wir uns wieder sehen“
Falsch! Der Teamgeist verfällt schneller als Ihr Motivationskalender nach dem 3. Januar. Wenn Sie Distance Leadership ernst nehmen, brauchen Sie aktives Beziehungsmanagement. Und nein, das bedeutet nicht, dass Sie alle zum virtuellen Weinabend zwingen müssen....
Die Distance-Leadership-Spielregeln:
1. Kommunikation ist King, aber bitte mit Strategie
Stellen Sie sich vor, Sie dirigieren ein Orchester, nur dass jeder Musiker in einem anderen Raum sitzt und Sie nur über Kopfhörer kommunizieren können. Dann verstehen Sie, warum Überkommunikation im Homeoffice Unterkommunikation ist.
Die Formel: Transparenz über alles! Teilen Sie Informationen proaktiv. Ihre Mitarbeiter sollen nicht das Gefühl haben, im Nebel zu stochern. Klare Erwartungen: „Irgendwann diese Woche" ist keine Deadline. „Mittwoch, 14 Uhr" hingegen schon.
Verschiedene Kanäle, verschiedene Zwecke: Chat für Schnelles, E-Mail für Dokumentiertes, Video-Call für Komplexes. Lernen und leben Sie den Unterschied und Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken.
2. Vertrauen aufbauen (auch wenn Sie nicht sehen, was passiert)
Hier die unbequeme Wahrheit: Wenn Sie Ihren Mitarbeitern nicht vertrauen können, wenn sie im Homeoffice sind, konnten Sie ihnen auch vorher nicht vertrauen, Sie haben es nur nicht gemerkt.
Trust but verify ist out. Trust and empower ist in. Geben Sie Verantwortung ab. Lassen Sie Ihre Leute selbst entscheiden, wann und wie sie arbeiten. Fokussieren Sie sich auf die Ergebnisse, nicht auf den Prozess. Und mal ehrlich: Wollen Sie wirklich wissen, ob Ihr Entwickler um 11 Uhr morgens noch im Pyjama ist, solange der Code um 15 Uhr steht?
3. Rituale schaffen (und nicht nur über Arbeit reden)
Kennen Sie das beste Rezept gegen das „Ich fühle mich isoliert“-Syndrom?
Etablieren Sie Rituale!
Daily Check-ins: 15 Minuten, bei denen nicht nur über Aufgaben gesprochen wird, sondern auch über das Befinden.
Virtuelle Kaffeepausen: Ja, wirklich. 30 Minuten ohne Agenda, einfach quatschen.
Erfolge feiern: Geburtstage, Projektabschlüsse, oder dass endlich jemand verstanden hat, wie man den Hintergrund bei Zoom verwischt.
Die Kaffeeküche war nie nur für Kaffee da, sie war der soziale Klebstoff Ihres Teams. Schaffen Sie digitale Alternativen!
4. Individuelle Führung statt Gießkannenprinzip
Remote Work hat etwas Großartiges offenbart: Menschen sind unterschiedlich. Manche blühen im Homeoffice auf wie Blumen im Frühling. Andere verwelken wie Blumen ohne Wasser.
Als Distance Leader müssen Sie:
Individuell auf Bedürfnisse eingehen: Wer braucht mehr Struktur? Wer mehr Freiraum?
Regelmäßige 1:1s führen: Nicht nur über Projekte, über Befindlichkeiten, Herausforderungen, Wünsche
Signale erkennen: Antwortet jemand nur noch mit "OK" statt mit ganzen Sätzen? Ist jemand plötzlich 24/7 online? Das sind Warnsignale!
5. Die Technik muss passen
Ja, Sie brauchen Tools. Slack, Teams, Zoom, Asana, Trello, Monday, die Liste scheint endlos. Aber verwechseln Sie nicht Tool-Kompetenz mit Leadership-Kompetenz.
Die beste Software der Welt hilft nichts, wenn Sie nicht wissen, wie Sie damit Ihre Leute erreichen. Und manchmal ist ein simpler Anruf wirkungsvoller als eine ausgefeilte Projektmanagement-Struktur.
Tipp: Weniger ist mehr. Zu viele Tools = Tool-Chaos = demotivierte Mitarbeiter, die mehr Zeit mit Tool-Switching als mit Arbeiten verbringen.
6. Ergebnisorientierung: Der Game-Changer
Im Büro haben wir (unbewusst) oft Präsenz mit Leistung gleichgesetzt. Im Homeoffice geht das nicht mehr. Und das ist gut so!
Outcomes over Activity. Was wurde erreicht, nicht wie lange jemand online war. Das bedeutet:
Klare Ziele definieren
Autonomie geben beim “Wie”
An Ergebnissen messen, nicht an Arbeitszeiten
Das erfordert von Ihnen als Leader: Loslassen. Kontrollverlust aushalten. Vertrauen, dass Ihre Leute auch ohne Ihre ständige Präsenz liefern.
Die gute Nachricht? Distance Leadership macht Sie zu einem besseren Leader. Punkt. Weil Sie lernen:
Mein Fazit: Es ist nicht die Distanz, es ist vielmehr die Haltung.
Distance Leadership ist weniger eine Frage der Tools und Techniken als vielmehr eine Frage der inneren Haltung. Sehen Sie es als Chance oder als Problem? Als Kontrollverlust oder als Vertrauensgewinn? Als Isolation oder als Flexibilität?
Die erfolgreichsten Distance Leader haben eines gemeinsam: Sie haben verstanden, dass Leadership immer schon über Beziehungen funktionierte.
Und wenn Sie das nächste Mal in einem Meeting sitzen und jemand vergisst, das Mikro einzuschalten, atmen Sie durch und lächeln Sie. Willkommen in der Zukunft der Arbeit. Sie ist chaotisch, sie ist herausfordernd, aber mit den richtigen Werkzeugen und der richtigen Einstellung auch verdammt spannend.
Über den Autor:
Manuel Marburger ist Keynote Speaker und Experte für Leadership. Er hilft Führungskräften, in der neuen Arbeitswelt nicht nur zu überleben, sondern zu glänzen und das notfalls auch in Jogginghose aus dem Homeoffice heraus.
Von Manuel Marburger – Keynote Speaker für Leadership
